Wenn nachts die Luft wegbleibt:
Wann Schnarchen unserer Gesundheit schadet
Schnarchen Sie? Oder anders gefragt: Hat man Ihnen schon einmal gesagt, dass Sie schnarchen? Denn in der Regel macht uns unser Partner darauf aufmerksam, wenn wir nachts Bäume sägen. Was oftmals als Marotte oder ganz normale Nebenerscheinung des Älterwerdens abgetan wird, sollte jedoch ernst genommen werden. Schließlich ist das Schnarchen nicht bloß lästig für unseren Bettnachbarn, sondern mitunter ein Hinweis auf nächtliche Atemaussetzer. Das Tückische: Betroffene merken nichts davon, wenn ihnen nachts die Luft wegbleibt. Einzig die permanente Erschöpfung am nächsten Morgen macht ihnen zu schaffen. Dagegen lässt sich glücklicherweise etwas machen: Dr. Saskia Holstiege ist Zahnärztin in Münster sowie Expertin bei der Behandlung von Schnarchen und leicht- bis mittelgradiger Schlafapnoe. Im Interview verrät sie uns, ab wann uns das Schnarchen aufhorchen lassen sollte und wie eine erfolgreiche Behandlung bei Schlafapnoe aussehen kann.
Frau Dr. Holstiege, mit zunehmendem Alter beginnen viele Menschen zu schnarchen. Laut der Deutschen Gesellschaft für zahnärztliche Schlafmedizin (DGZS) sollen unter den Ü60-Jährigen immerhin 40 Prozent aller Frauen und 60 Prozent aller Männer schnarchen. Ist Schnarchen somit nicht eigentlich etwas völlig Normales?
Dr. Saskia Holstiege: Schnarchen ist in der Tat ein häufiges Phänomen, aber trotzdem nicht der Normalzustand. Fakt ist, dass mit steigendem Alter unsere Halsmuskulatur erschlafft und unser Gewebe nicht mehr so viel Spannung aufweist wie in jungen Jahren. Das kann dazu führen, dass unsere Atemwege blockieren und wir zu schnarchen beginnen. Hinzu kommen eine ganze Reihe von weiteren Parametern, die das Schnarchen zusätzlich begünstigen.
Welche sind das zum Beispiel?
Dr. Saskia Holstiege: Übergewicht ist eine der häufigsten Ursachen, warum Menschen schnarchen. Schließlich lagert sich Fett auch im Rachenraum an und kann dadurch die Atemwege verengen. Aber auch eine vergrößerte Zunge, vergrößerte Mandeln oder eine Kieferfehlstellung begünstigen das Schnarchen. Vorübergehende Faktoren, die uns schnarchen lassen, sind zum Beispiel eine Erkältung, eine verstopfte Nase oder – ganz typisch – Alkoholkonsum vor dem Zubettgehen. Die Schlafposition hat ebenfalls Einfluss darauf, denn Menschen, die in Rückenlage schlafen, schnarchen häufiger. Auch Schwangere oder Frauen in der Menopause berichten häufiger davon, dass sie plötzlich schnarchen, was mit dem veränderten Hormonhaushalt zusammenhängt. Die Gründe sind also sehr individuell und summieren sich häufig im Alter.
Können bereits Kinder schnarchen?
Dr. Saskia Holstiege: Das ist zwar sehr selten, aber nicht ausgeschlossen. In jedem Fall sollte man hier den Arzt aufsuchen. Wenn Kinder schnarchen, steckt immer eine Krankheit dahinter wie beispielsweise vergrößerte Mandeln.
Was passiert anatomisch genau, wenn wir schnarchen?
Dr. Saskia Holstiege: Unser Unterkiefer fällt zurück und die oberen Atemwege verschließen sich zum Teil. Wenn dann die Luft durch unseren Rachen strömt, vibriert durch die Verengung der Atemwege die Luft und das typische Schnarchgeräusch entsteht.
Normalerweise weist uns der Partner darauf hin, dass wir schnarchen. Was aber, wenn wir allein leben und uns nicht sicher sein können, ob wir schnarchen – gibt es trügerische Anzeichen, die wir selbst bemerken und die uns aufhorchen lassen sollten?
Dr. Saskia Holstiege: Wer schnarcht, merkt davon in der Regel nichts; es sei denn, man wird vom eigenen Schnarchen wach. Ein Anzeichen kann sein, dass einem am Morgen der Rachen schmerzt. Als Zahnärztin erkenne ich notorische Schnarcher oft an einem verlängerten und geschwollenen Zäpfchen. Immerhin vibriert das beim Schnarchen die ganze Nacht. Darüber hinaus hat das Schnarchen aber keinerlei Nebenwirkungen.
Das heißt, wer schnarcht, hat nicht zwangsläufig einen schlechteren Schlaf?
Dr. Saskia Holstiege: Absolut nicht. Lediglich der Bettnachbar schläft schlechter. Herkömmliches Schnarchen ist gemeinhin nichts, was uns in Sorge versetzen sollte. Es sei denn, das Schnarchen geht mit einer sogenannten Schlafapnoe einher. Diese wiederum hat in der Tat schwerwiegende Folgen für unsere Gesundheit – seelisch wie auch körperlich.
Was passiert bei einer Schlafapnoe genau?
Dr. Saskia Holstiege: Man spricht von einer obstruktiven Schlafapnoe, wenn unsere Atmung während des Schlafs für mehr als zehn Sekunden aussetzt, weil sich Rachenmuskulatur und Zunge zu sehr entspannen und so unsere Atemwege blockieren. Der Sauerstoffgehalt im Blut sinkt und es wird ein Signal ans Gehirn gesendet, das die Person nach Luft schnappen lässt. Die Betroffenen wachen dadurch mehrmals in der Nacht auf. Man spricht hier auch von einer Stückelung oder Fragmentierung des Schlafs. Das geschieht unbewusst und ohne, dass die Personen sich am nächsten Morgen daran erinnern. Das führt dazu, dass die Tiefschlafphasen bei diesen Menschen fehlen oder verkürzt sind. Diese sind aber essentiell für unsere Erholung. Man kann sagen, je öfter man in der Nacht durch diese sogenannten „micro arousals“ aus dem Schlaf gerissen wird, desto erschlagener fühlt man sich am nächsten Tag.
(Anm.: Es gibt noch eine weitere Form, die als zentrale Schlafapnoe bezeichnet wird, bei der die Atemaussetzer nicht durch blockierte Atemwege, sondern lediglich durch ein Signal aus dem Gehirn ausgelöst werden. Im Nachfolgenden möchten wir allerdings auf die wesentlich häufiger vorkommende obstruktive Schlafapnoe eingehen, die sich anhand einer Unterkieferprotrusionsschiene behandeln lässt.)
Was macht das auf Dauer mit unserer Gesundheit, wenn eine Schlafapnoe nicht behandelt wird?
Dr. Saskia Holstiege: Die Lebensqualität von Betroffenen wird durch die Schlafapnoe enorm beeinträchtigt. Sie fühlen sich am nächsten Morgen oftmals „wie erschlagen“. Typische Begleiterscheinungen sind Konzentrationsschwäche, Kopfschmerzen, Depressionen, Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen und ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall. Außerdem – und das ist ein ganz gravierender Punkt – ist die Gefahr von Sekundenschlaf am Steuer erhöht. Fachleute gehen davon aus, dass Sekundenschlaf einen ganz erheblichen Anteil an unserer Unfallstatistik hat.
Wie aber merkt man, dass man unter einer Schlafapnoe leidet, wenn die kurzen Aufwachphasen unterbewusst ablaufen?
Dr. Saskia Holstiege: Man sollte hellhörig werden, wenn man beispielsweise plötzlich unter Bluthochdruck leidet. Diejenigen mit einer leichten Schlafapnoe haben in 43 Prozent der Fälle einen erhöhten Blutdruck und bei den Patienten mit mittelschwerer Apnoe sind es bereits 69 Prozent. Außerdem sind die oben beschriebenen Nebenwirkungen ein Indiz dafür, dass man seine Beschwerden einmal ärztlich abklären lassen sollte.
An wen wende ich mich, wenn ich den Verdacht habe, unter Schlafapnoe zu leiden?
Dr. Saskia Holstiege: Der erste Weg sollte der zum Hausarzt sein. Hier erfolgt in der Regel die Überweisung in ein Schlaflabor, wo die Patienten häufig ein Gerät mit nach Hause bekommen, um eine Polygraphie vornehmen zu lassen. Dieses Screeningverfahren ist sozusagen eine Miniausgabe der Untersuchung im Schlaflabor. Das Gerät registriert während des Schlafs den Atemfluss und etwaige Atempausen sowie den Sauerstoffgehalt im Blut, den Herzschlag oder aber die Schlafposition. All diese Parameter geben dem Arzt Aufschluss darüber, ob eine obstruktive Schlafapnoe vorliegt. Erhärtet sich der Verdacht, erfolgen weitere Untersuchungen in einem schlafmedizinischen Zentrum. Hier wird festgestellt, ob es sich um eine leichte, eine mittlere oder eine schwere Form der Schlafapnoe handelt, um eine entsprechende Therapie einzuleiten.
Welche verschiedenen Varianten der Behandlung stehen den Betroffenen zur Verfügung?
Dr. Saskia Holstiege: Je nach Ausprägung der Schlafapnoe bekommen die Patienten entweder eine sogenannte CPAP-Maske verschrieben oder sie werden vom Schlafmediziner an mich zur Beratung für eine Unterkieferprotrusionsschiene überwiesen. Es gibt Patienten, die mit der Maske wunderbar zurechtkommen; für viele ist sie allerdings problematisch, weil sie schlichtweg nicht komfortabel ist. Man kann mit der Maske nicht auf dem Bauch schlafen, sie drückt oft unangenehm oder hinterlässt unschöne Abdrücke im Gesicht. Einige Betroffene berichten außerdem von Fließschnupfen und gereizten Augen, was dann der Fall ist, wenn Luft seitlich aus der Maske austritt. Außerdem ist die Maske unhandlich, vor allem, wenn man verreisen möchte. Es gibt auch die Möglichkeit, durch operative Eingriffe wie beispielsweise Zungenschrittmacher oder eine Vorverlagerung des Unterkiefers, Linderung zu erzielen. Welche Methode für den Patienten letztlich die richtige ist, muss individuell beurteilt werden.
An dieser Stelle kommt die Protrusionsschiene ins Spiel?
Dr. Saskia Holstiege: Genau. Wenn es sich um eine leichte oder mittlere Form der obstruktiven Schlafapnoe handelt, stellt die Schiene für viele Betroffene eine enorme Erleichterung dar. Sie bewirkt, dass der Unterkiefer während des Schlafs nach vorn verschoben wird, so dass der Rachenraum frei bleibt.
Wie wird eine solche Schiene angepasst und bieten alle Zahnärzte diesen Service an?
Dr. Saskia Holstiege: In meiner Praxis erfolgt zunächst eine Eingangsuntersuchung, bei der ich zunächst einmal schaue, ob der Patient überhaupt für eine Schiene geeignet ist. Das heißt, ich checke die Mobilität des Unterkiefers und ob der Zahnstatus gesund ist. Sind die Voraussetzungen erfüllt, fertige ich eine spezielle Protrusionsbissnahme an und nehme Abdrücke von Ober- und Unterkiefer. Nach rund drei Wochen ist die Schiene fertig. Auf der Homepage der Deutschen Gesellschaft für zahnärztliche Schlafmedizin (www.dgzs.de) finden Betroffene schnell und einfach Praxen in ihrer Umgebung, die auf das Anfertigen der Protrusionsschienen bei Schlafapnoe spezialisiert sind.
Wie hoch sind die Kosten für eine solche Unterkieferprotrusionsschiene?
Dr. Saskia Holstiege: Seit 2022 werden die Kosten für die Schiene von den gesetzlichen Krankenkassen komplett übernommen.
Voraussetzung ist natürlich das Vorliegen einer ärztlichen Verordnung.
Verändert die Schiene nicht meine Zahnstellung?
Dr. Saskia Holstiege: Grundsätzlich besteht auch die Gefahr von Zahnstellungsveränderungen. Durch die Schienen wirken starke Kräfte auf die Zähne, weswegen ein gesunder Zahnhalteapparat und eine ausreichende Anzahl von Zähnen auch eine der Grundvoraussetzungen sind. Es ist sehr wichtig, am Morgen ein paar Übungen zu machen, um die Muskulatur wieder in die Ausgangsposition zurückzubringen. Die große Mehrheit der Patienten empfindet die Schiene aber glücklicherweise überhaupt nicht als störend. Im Gegenteil, die meisten sind erleichtert, wenn sie dadurch auf die CPAP-Maske verzichten können.
Tritt mit der Schiene eine sofortige Besserung ein?
Dr. Saskia Holstiege: Wenn die Schiene es schafft, die Atemwege frei zu halten, tritt die Besserung umgehend ein. Um die Schiene nachzujustieren und alles auf korrekten Sitz zu kontrollieren, kommen die Patienten etwa einmal im Jahr zum Kontrolltermin, so dass ich die Schiene unter Umständen anpassen kann. Das kann notwendig sein, wenn man beispielsweise Gewicht zulegt oder das Gewebe mit fortschreitendem Alter weiter erschlafft.
Im Netz kursieren eine ganze Reihe von Online-Angeboten für solche Schienen. Wie kann das funktionieren, wenn hier keine individuelle Anpassung an den jeweiligen Patienten erfolgt?
Dr. Saskia Holstiege: Ich kann nur dringend von solchen Online-Angeboten abraten. Hierbei handelt es sich in der Regel um sogenannte Boil-and-Bite-Schienen, wie man sie auch aus dem Boxsport kennt. Eine kaugummiartige Masse wird erwärmt, in den Mund eingesetzt und härtet bei nach vorn geschobenem Unterkiefer langsam aus. Man kann sich also vorstellen, wie ungenau eine solche Schiene ist. Die Nebenwirkungen sind zum Teil verheerend. Die Gefahr von Zahnstellungsveränderungen ist deutlich erhöht und auch die Kiefergelenke werden unter Umständen viel zu sehr und falsch belastet. Das Resultat sind unkontrollierbare und irreparable Schäden an Zähnen, am Zahnhalteapparat und dem Kiefer.
Ein letzter Tipp für all jene, die nicht unter Schlafapnoe leiden, sondern lediglich schnarchen – Was empfehlen Sie diesen Menschen?
Dr. Saskia Holstiege: Ich weise meine Patienten immer gerne auf eine gesunde Schlafhygiene hin. Dazu zählt, dass man vor dem Schlafengehen keinen Alkohol, Kaffee oder fettiges Essen zu sich nehmen sollte. Außerdem empfehle ich, früh schlafen zu gehen in einem gut abgedunkelten Raum. Das Handy sollte nicht dazu dienen, um sich in den Schlaf zu scrollen, schon allein wegen des ungesunden blauen Lichts. Auch ein Nackenstützkissen ist für viele Menschen eine wohltuende Alternative zum herkömmlichen Kopfkissen, damit die Halswirbelsäule in ihrer natürlichen Position ruhen kann, um die typische Doppelkinn-Haltung beim Schlafen zu verhindern. Rückenschläfer sollten außerdem einmal die Liegeposition ändern und versuchen, auf der Seite oder dem Bauch zu schlafen. Aber auch für diese Patienten ist die Unterkieferprotrusionsschiene letztlich ebenfalls ein wunderbares Mittel, um Ruhe ins Schlafzimmer zu bringen.
Dr. Saskia Holstiege ist durch die DGZS (Deutsche Gesellschaft für zahnärztliche Schlafmedizin) zertifiziert und umfangreich fortgebildet sowohl in der Behandlung von ruhestörendem Schnarchen als auch für die Therapie leicht- bis mittelgradiger Schlafapnoe. Auf ihrer Homepage informiert sie umfassend über das Thema und bietet außerdem die Möglichkeit an, einen unverbindlichen Online-Test durchzuführen.
Seit fast 90 Jahren Schründer Schlafräume eine feste Institution im Münsterland und eine der ersten Adressen für erholsamen Schlaf – von der Bettwäsche über maßgeschneiderte Bettsysteme bis hin zur kompletten Schlafraumeinrichtung. Wir sind stolz auf unser interdisziplinäres Team, das die unterschiedlichsten Kompetenzen unter einem Dach vereint. Dazu zählen nicht nur zertifizierte Schlafberater, Physiotherapeuten, Feng-Shui-Berater, hervorragende Handwerker und Innenarchitekten, sondern auch ein engagiertes Netzwerk, bestehend aus Medizinern und anderen Fachleuten rund um den gesunden Schlaf.