Tief durchatmen, bitte!

Atemtechniken können helfen, leichter in den Schlaf zu finden und die Qualität unseres Schlafs insgesamt zu verbessern

Ein durchschnittlicher Atemzug dauert 3,3 Sekunden. In dieser kurzen Zeitspanne wird Sauerstoff in den Körper transportiert und Kohlendioxid entfernt. Um den Körper mit den Milliarden winzigster Sauerstoffmoleküle zu versorgen, die in Blut, Knochen, Muskeln, Gehirn und Organen angereichert werden, benötigt ein Mensch etwa 20.000 bis 25.000 Atemzüge. An einem einzigen Tag.

Atmen scheint so selbstverständlich. Doch die richtigen Techniken beeinflussen unser Wohlbefinden auf vielfältige Weise. Bei bewusster Atmung können wir bestimmte Übungen sogar effektiv gegen Stress, negative Gefühle oder Einschlafschwierigkeiten anwenden. Im Gespräch erklärt uns Johanna Lehmann, ausgebildete Yoga- und Atemlehrerin sowie Autorin des Buchs „Breathwork – Die Magie deiner Atmung”, wie wir unsere Atmung trainieren und gezielt einsetzen können.

Frau Lehmann, Atmen ist so selbstverständlich, dass wir in der Regel nicht darüber nachdenken. Bis uns der Atem einmal stockt. Was passiert beim Atmen in unserem Körper?

Johanna Lehmann: Beim Atmen nehmen wir Sauerstoff auf und geben Kohlendioxid ab. Dieser Gasaustausch findet in den Lungen statt und ist essenziell für die Energieproduktion in unseren Zellen. Jeder Atemzug versorgt unseren Körper mit dem nötigen Sauerstoff, der für zahlreiche biologische Prozesse notwendig ist. Durch die Atmung wird das Blut mit Sauerstoff angereichert und zu den Organen transportiert, wo es verbraucht und wo Kohlendioxid produziert wird, das wir dann ausatmen.

Fast jeder von uns hat es bereits einmal gehört oder selbst schon gesagt: „Erst einmal tief durchatmen!“ Was ist dran?

Johanna Lehmann: Tiefes Durchatmen aktiviert unser parasympathisches Nervensystem, das für Ruhe und Erholung zuständig ist. Dies senkt den Herzschlag, entspannt die Muskeln und reduziert den Blutdruck. Dadurch fühlen wir uns ruhiger und gelassener. Durch tiefes Atmen kann auch der Sauerstoffgehalt im Blut erhöht werden, was uns klarer denken und besser mit Stress umgehen lässt.


Johanna Lehmann
ausgebildete Yoga- und Atemlehrerin und Autorin von „Breathwork”

© Foto: mmmBetty Photography, Utrecht (NL)
Mit der richtigen Atemtechnik lässt sich der Körper in einen entspannten Zustand versetzen.

Die Atemtiefe oder Taktung unserer Atmung wirkt sich also positiv auf unseren Körper aus? Senkt eventuell unseren Stresslevel?

Johanna Lehmann: Ja, definitiv. Eine tiefe und gleichmäßige Atmung kann den Stresslevel erheblich senken. Wenn wir bewusst und tief atmen, signalisieren wir unserem Körper, dass keine Gefahr besteht, und er kann in den Entspannungsmodus übergehen. Dies ist in stressigen Situationen besonders wichtig oder vor dem Schlafengehen, um den Körper zur Ruhe zu bringen.

Umgekehrt versetzt uns eine flache, schnelle Atmung also in einen Unruhezustand. Wie können wir unsere Atmung entsprechend steuern?

Johanna Lehmann: Eine flache, schnelle Atmung kann tatsächlich das Stressniveau erhöhen und zu Unruhe führen. Um die Atmung zu steuern, empfehle ich Techniken wie die Bauchatmung oder die 4-7-8 Atemtechnik. Besonders effektiv ist auch die „Tiger & Turtle Atmung“, die aus rhythmischer Atmung und Atemanhalten besteht. Diese Technik führt zu einer erhöhten Freisetzung von Endorphinen und Neurotransmittern, die uns in eine positive und entspannte Stimmung versetzen können. Gleichzeitig wird der Parasympathikus aktiviert, was zu mehr innerer Ruhe und Entspannung führt.

Was passiert langfristig, wenn es uns nicht gelingt, unsere Atmung bewusst zu steuern?

Johanna Lehmann: Langfristig kann eine schlechte Atemgewohnheit zu chronischem Stress, Schlafstörungen und anderen gesundheitlichen Problemen führen. Eine flache Atmung kann dazu beitragen, dass unser Körper ständig im „Kampf-oder-Flucht“-Modus bleibt, was zu erhöhtem Blutdruck, Muskelverspannungen und einer geschwächten Immunabwehr führen kann.

Mit einer geführten Atemübung wie der „Tiger & Turtle Atmung“ von Johanna Lehmann den Tag beginnen

Welche Atemtechniken gibt es und wie können wir sie verinnerlichen? Sind alle Atemtechniken für jeden geeignet?

Johanna Lehmann: Es gibt Atemtechniken wie Sand am Meer und ich empfehle, dass jeder versucht, die Grundlagen selbst zu verstehen, um sich seine eigene Atemapotheke zusammenstellen zu können. Aus Bauchatmung etwa, Wechselatmung, der 4-7-8-Methode und der Buteyko-Methode. Ich selbst habe über die Jahre festgestellt, dass viele Menschen Atemtechniken nur regelmäßig anwenden, wenn sie damit Spaß haben und diese in weniger als 15 Minuten durchführen können. Aus dieser Anforderung ist die „Tiger & Turtle Atmung“ entstanden, die man sich wie eine Allrounder-Atmung vorstellen kann. Die Methode kombiniert rhythmische Atmung mit Atemanhalten und Visualisierungen. Diese Techniken ermöglichen es, innerhalb von Sekunden einen direkten Einfluss auf Körper und Geist zu nehmen. Es ist wichtig, die Kontraindikationen zu beachten, da einige Atemtechniken starke physiologische Effekte – etwa Schwindelgefühle – haben können und tatsächlich nicht für jeden geeignet sind.

Welche Atemroutinen helfen besonders, entspannt ein- und durchzuschlafen?

Johanna Lehmann: Alles, was den Ruhemodus des Körpers aktiviert. Die „Sonnenkuss Atemreise“ haben wir beispielsweise als eine Kombination aus langen Ausatmungen, tiefer Bauchatmung, Musik und Visualisierungen entwickelt. Diese Atemreise aktiviert innerhalb von zehn Minuten den Parasympathikus. Die Technik kann direkt vor dem Einschlafen angewendet werden und führt zu einer tiefen Entspannung und verbessertem Schlaf.

Atemübungen direkt vor dem Einschlafen helfen, durchzuschlafen und entspannt aufzuwachen.

Gibt es auch morgendliche Atemtechniken, die uns helfen, die regenerative Wirkung des Schlafs zu nutzen?

Johanna Lehmann: Ja, eine morgendliche Atemroutine kann helfen, die regenerative Wirkung des Schlafs zu intensivieren. Die „Tiger & Turtle Atmung“ ist hier besonders effektiv, da sie den Körper aktiviert und den Geist fokussiert. Diese Methode kann morgens angewendet werden, um den Tag energetisch zu beginnen und mit Leichtigkeit und Freude in den Tag zu starten.

Was ist unter „Non-sleep deep rest“ (NSDR) zu verstehen und inwieweit trägt NSDR zu einer insgesamt guten Schlafhygiene bei?

Johanna Lehmann: „Non-sleep deep rest“ sind Techniken, die einen tiefen Ruhezustand ohne Schlaf fördern, wie Meditation oder Yoga Nidra. Diese Techniken können helfen, den Körper zu entspannen, Stress abzubauen und die Schlafqualität zu verbessern. NSDR kann eine wertvolle Ergänzung zur Schlafhygiene sein, indem es dem Körper ermöglicht, sich auch tagsüber zu erholen.

Partnerübungen sind eine Option, wenn sich zwei Menschen nachts wechselseitig von der Atmung des anderen beeinflusst fühlen.

Kann eigentlich die Atmung des Partners unseren eigenen Schlaf beeinflussen oder gar stören? Gibt es so etwas wie ein Partner-Atmungs-Workout?

Johanna Lehmann: Ja, die Atmung des Partners kann unseren eigenen Schlaf beeinflussen, besonders wenn der Partner schnarcht oder unruhig atmet. In meinem Buch „Breathwork – Die Magie deiner Atmung“ ist eine Partnerübung enthalten, die mehr Nähe und Verbundenheit schafft. Dabei sitzen sich die Partner in einer bequemen Position gegenüber, schließen die Augen und atmen ein paar Mal sehr konzentriert tief ein und aus. Dies dient dazu, die eigenen Gedanken zu sammeln. Danach öffnen beide Partner die Augen, sehen sich bewusst und intensiv an. Beide verharren in der Position, solange es sich gut anfühlt.

Schnarchen ist ein häufiges Phänomen und dennoch kein Normalzustand. Was oft als Nebenerscheinung des Älterwerdens abgetan wird, ist lästig für den Bettnachbarn und auch für den Schnarcher selbst. Denn oft geht Schnarchen mit morgendlicher Erschöpfung einher. Mitunter steckt eine Schlafapnoe dahinter.

Haben Sie einen persönlichen Tipp für alle, die unter chronischem Zeitmangel leiden oder sich schwertun, neue (Atem-)Routinen in ihren Tagesablauf zu integrieren?

Johanna Lehmann: Für Menschen mit chronischem Zeitmangel empfehle ich die „Tiger & Turtle-Atmung“, die in weniger als 15 Minuten durchführbar ist. Diese Technik kann bei wenig Zeitaufwand erhebliche positive Effekte auf die Gesundheit und das Wohlbefinden haben. Es ist hilfreich, Übungen zu festen Zeiten in den Tagesablauf zu integrieren, beispielsweise morgens nach dem Aufstehen oder abends vor dem Schlafengehen.

Die „Tiger & Turtle-Atmung“ ist besonders praktisch, da sie intensiv und gleichzeitig einfach durchzuführen ist und sich leicht in den Alltag integrieren lässt.

Hier kann man die „Tiger & Turtle Atmung“ selbst testen.

Für Menschen mit wenig Zeit empfehlen sich effektive, 15-minütige Atemübungen wie die „Tiger & Turtle Technik“.

Gibt es äußere Einflüsse, die es uns erschweren, unsere Atmung zu steuern und denen wir uns vielleicht entziehen sollten?

Johanna Lehmann: Äußere Einflüsse wie Koffein, Alkohol, laute Geräusche und grelles Licht können die Atmung und den Schlaf sehr wohl negativ beeinflussen. Es ist ratsam, diese Faktoren zu minimieren, besonders in den Stunden vor dem Schlafengehen. Eine ruhige und dunkle Schlafumgebung fördert eine tiefe, entspannte Atmung.

Haben Sie einen abschließenden Gedanken für uns?

Johanna Lehmann: Gerade in Zeiten von Stress ist es wichtig, Zeit zu finden, um das Nervensystem zu beruhigen und inmitten des Chaos in der äußeren Welt einen sicheren Raum im Inneren zu finden.

Johanna Lehmann ist ausgebildete Yoga- und Atemlehrerin. Ihre Trainings führten sie nach Singapur, Costa Rica und in die Niederlande. Heute lebt sie in Amsterdam. Um Menschen überall auf der Welt ihre Atemreisen gegen Stress zugänglich zu machen, gründete Johanna Lehmann im Jahr 2020 „Tiger & Turtle“. In diesen Atemreisen kombiniert sie neueste, wissenschaftlich fundierte Atemübungen mit der Kraft von Musik und Visualisierungen. Im Jahr 2024 erschien ihr Buch „Breathwork – die Magie deiner Atmung“. Darin hat die Atemexpertin zahlreiche ihrer Übungen für unterschiedlichste Lebenssituationen zusammengestellt. Dem Thema Schlaf ist eine eigene Atemreise gewidmet.

Atemreise Schlaf

Diese Übung hilft, schneller zu entspannen und leichter einzuschlafen. Sie wird vor dem Schlafengehen in liegender oder sitzender Position für etwa fünf bis zehn Minuten angewendet:

  • Über vier Zählzeiten durch die Nase einatmen.
  • Den Atem für sechs Zähzeiten anhalten
  • Über acht Zählzeiten durch den Mund ausatmen.
  • Die Übung viermal wiederholen.
Eine Studie hat die Auswirkungen der Atmung auf Gedächtnisprozesse im Schlaf nachgewiesen.

Atmung im Schlaf beeinflusst Gedächtnisprozesse. Den Zusammenhang zwischen der Atmung, dem Auftreten bestimmter Hirnaktivitätsmuster im Schlaf und dem Gedächtnis haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Department Psychologie der Ludwig-Maximilians-Universität München (gemeinsam mit Forschenden des MPI für Bildungsforschung in Berlin und der University of Oxford nachgewiesen. Die Atmung gibt den Takt vor. Anders ausgedrückt: Unsere Atmung beeinflusst, wie Erinnerungen im Schlaf gestärkt werden.

Die 4-7-8-Atmung

Diese Atemtechnik versetzt den Körper in einen tiefen Entspannungszustand und hilft dabei, schneller einzuschlafen.

  • Einatmen und durch den Mund mit einem pustenden Geräusch ausatmen.
  • Dann bei geschlossenem Mund ruhig durch die Nase einatmen und innerlich bis vier zählen.
  • Die Luft anhalten und bis sieben zählen.
  • Schließlich mit geöffnetem Mund vollständig ausatmen, wobei ein hörbares Geräusch entsteht. Bis acht zählen.
  • Viermal wiederholen.

Eventuell mit einer kürzeren Zählung beginnen und allmählich steigern. Nach regelmäßiger Übung kann man die Anzahl der Durchgänge auch erhöhen. Wichtig ist nicht die Länge der Atemzüge, sondern das zeitliche Verhältnis zwischen Ein- und Ausatmen.

Mehr Informationen über richtiges Atmen und weitere Atemübungen gibt es hier.

Feng Shui – auf Deutsch Wind und Wasser – ist eine uralte Harmonielehre aus China, deren Ziel es ist, den Menschen und seine Umgebung in Einklang zu bringen. Diese faszinierende Wissenschaft zu verstehen und anzuwenden erfordert Zeit und Hingabe. Beides lohnt sich und kann im eigenen Schlafzimmer mitunter Unglaubliches bewirken.

Das Wichtigste zusammengefasst:

  • Wir holen täglich etwa 25.000 Mal Luft.
  • Über die Atmung wird der Körper mit Sauerstoff versorgt. Der Sauerstoff wird im Blut angereichert und liefert Energie für den Stoffwechsel.
  • Eine schnelle, flache Atmung versetzt den Körper in einen Unruhestand. Langfristig kann eine schlechte Atemroutine zu chronischem Stress, Muskelverspannungen oder Schlafstörungen führen.
  • Tiefes Durchatmen hingegen aktiviert unser parasympathisches System: Herzschlag und Blutdruck sinken, Muskeln entspannen sich, Körper und Geist kommen zur Ruhe.
  • Durch bewusste Atmung und unter Zuhilfenahme bestimmter Atemtechniken, lässt sich dieser Zustand aktiv herbeiführen.
  • Routinen intensivieren den Effekt.
  • Es gibt spezielle Atemtechniken wie die Tiger & Turtle-Atmung von Johanna Lehmann, die insbesondere auch erholsamen Schlaf unterstützen.

Seit inzwischen 90 Jahren ist das Unternehmen Schründer Schlafräume eine feste Institution im Münsterland und eine der ersten Adressen für erholsamen Schlaf – von der Bettwäsche über maßgeschneiderte Bettsysteme bis hin zur kompletten Schlafraumeinrichtung. Das interdisziplinäre Team vereint unterschiedlichste Kompetenzen unter einem Dach: Zertifizierte Schlafberater, Physiotherapeuten, Innenarchitekten, Diplom-Designer, Feng- Shui-Berater wie auch Einrichtungsberater kümmern sich hier gerne um Sie. Hier nimmt man sich Zeit, um Ihren persönlichen und ergonomischen Bedürfnissen auf den Grund zu gehen. Mit großer Empathie auch für besondere Lebensphasen.


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